09:00Uhr morgens, das Hoteltelefon klingelt. „Hello Sir, your Taxi driver is
here.” Das kann sich doch jetzt bitte nur um einen Scherz handeln oder? Es
wurde mir ausdrücklich in einer E-Mail erklärt, dass der Taxi-Fahrer erst gegen
10:00 Uhr hier sein wird! Also aufgestanden, angezogen und los. Ausgepackt oder
ähnliches hatte ich ja sowieso nicht, da ich gestern, wie wir uns zurück
erinnern, erst gegen 04:15 Uhr im Bett und
nicht in der Lage irgendetwas zu tun war. Im Taxi saß bereits ein Kollege aus
Schweden, den ich gerade zum ersten Mal traf. Vor uns lag also eine 7-stündige
Autofahrt weiter Richtung Süd-Westen. Dass ich nach dem Vortag und der etwas
kurzen Nacht immer noch tot-müde war versteht sich von selbst, doch im Auto ein
wenig zu schlafen war ein Ding der Unmöglichkeit, denn die Straßen Kasachstans
sind eine Farce. Der Asphalt auf der Straße, wenn es denn einen gab, war mit
Löchern überseht, da Bauarbeiter irgendetwas herausgeschnitten hatten und
ausweichen konnte man auch nicht immer, da man entweder Gegenverkehrt hatte
oder sich Loch genau in der Mitte der Straße befand. Da lief man schon das eine
oder andere Mal der Gefahr aus, sich den Kopf irgendwo im Wagen anzuschlagen.
Es ging vorbei an Karaganda, der 4. Größen Stadt Kasachstans immer weiter
Richtung Süd-Westen und irgendwann kam man nur mehr einmal pro Stunde an einem
kleinen Dorf vorbei, ansonsten war einfach nur Steppe, Steppe und nochmal
Steppe. Ein wunderschöner Anblick, allerdings auch mit dem Gedanken verbunden
irgendwo im Nirgendwo arbeiten zu müssen.
Als wir dann endlich in unserem Zielort „Terekty“ ankamen, bot sich mir
ein Bild des Schreckens. Ein kleines Dort, in der Mitte von Nichts, sozusagen
am Ende der Welt. Verfallene Häuser und ein Camp bestehend aus Containern. Noch
nicht mal aus dem Auto ausgestiegen wollte ich bereits wieder umkehren, aber es
gibt Situationen durch die muss man einfach durch und Das war eine davon. Ich
bekam meinen Container bzw. meine Containerhälfte zugewiesen und sofort nach
dem ich den Schlüssel bekommen hatte wurde ich gefragt ob ich schon zu Müde zum
Arbeiten sei, oder ob ich noch Kraft habe, denn sie würden meine Hilfe dringend
benötigen. Natürlich antwortete ich mit „of course we can go to the plant now
if you wish“, denn „Nein“ sagen ist in dem Beruf in dem ich Arbeite nicht
möglich oder besser gesagt nicht angebracht. Man gab mir also 15 Minuten um
mich umzuziehen und wenigstens mein Gepäck in meinen Container zu stellen. Es
ist das erste Mal, dass ich in einem Container wohnen muss und es war wirklich
ein Schock für mich. Normal gibt es in der Nähe immer ein Hotel und wenn ich in
einer Stadt bin kann es auch schon einmal ein Falkensteiner, Hilton oder Hyatt sein
aber kein verdammter Container! Nachdem ich umgezogen war stieg ich also in das
Auto und man fuhr mich zur Anlage, wo ich Gott sei Dank, einen sehr guten
Kollegen von mir traf den ich von meiner letzten Reise nach Serbien sehr gut
kannte und der darauf bestand mich anzuheuern. Mit meinen letzten Kraftreserven
versuchte ich mir noch irgendwie einen Überblick zu verschaffen aber es war
nicht möglich. Ich war eigentlich schon so am Ende, dass es mir schon schwer
viel gerade zu gehen. Um 20:30 Uhr verließen wir die Anlage und fuhren direkt
zum „Dinner“. Man erklärte mir dass es das einzige Restaurant in der Nähe sei
und das glaubte ich ihnen sofort, aber als ich dort ankam war das bei Gott kein
Restaurant sondern eher eine Kantine in einer riesigen Halle die nur zu 1/3 mit
Tischen eingerichtet war und der Rest war leer. Wie ein Zeltfest, ohne Musik,
Dekoration und Besuchern. Ich war aber verwundert, denn es schien als sei das
Ganze eine neu aufgebaute Mehrzweckhalle. Und Tatsächlich gibt es in der Halle
noch ein Swimming Pool, eine Turnhalle, ein Aquarium und einen Boxring. Wieso und für wen das alles Gedacht ist kann
ich nicht sagen, ich weiß nur dass meine Fima und unser Projekt dort, dem
kleinen Ort zu ein wenig „Reichtum“ verholfen hat, wobei sich Reichtum in
Österreich bzw. Deutschland anders zu Reichtum in Kasachstan verhält. Ich holte
mir von dieser Kantine also etwas zu Essen und es war einfach nur Grauenvoll.
Ich versuche jede Küche irgendwie zu respektieren aber es war grauenvoll. Eine
Suppe die noch halbwegs essbar war, als Hauptspeise gab es gekochtes
Rindfleisch mit Kartoffeln und einer „Sauce“ aus Öl und puren Zwiebeln. Ich
habe in meinem ganzen Leben noch nichts gegessen, das weniger Gewürzt gewesen
wäre - es war nämlich gar nicht Gewürzt und schmeckte nach nichts.. Nach dem
Essen ging es zurück in meinen Container wo ich Krampfhaft versuchte mich mit
ihm anzufreunden, was allerdings scheiterte. Es gibt absolut keinen Platz, das
Wasser der Dusche war eiskalt und schon nach einer Minute aufgedrehtem Wasser
stand alles unter Wasser. Im Container an sich war es eiskalt und ich drehte
die Heizung auf um es irgendwie gemütlich zu haben. Ich legte mich also endlich
in mein Bett und hatte einen Moment purer Verzweiflung. Mein Jetlag machte sich
bemerkbar, ich war übermüdet, überfordert mit der Umgebung, mit dem Container, mit dem Essen – die
Familie tausende Kilometer weit entfernt genauso wie Freunde und Bekannte.
Immerhin war der Wlan-Router genau vor der Tür, der es wenigstens zulässt auf
Whatsapp zu schreiben, auch wenn ich an dem Tag schon viel zu müde dafür war. Ein
Moment in dem ich kurz zu zweifeln begann.
To be continued..